Über Amsterdam nach Auschwitz – auf den Spuren von Ludwig Stern
Vier Weilburger Juden – die Geschwister Ludwig und Sophie Stern sowie Else Cahn und Selma Jessel – emigrierten zwischen 1933 und 1939 in die Niederlande und wähnten sich hier in Sicherheit wie viele andere deutsche Juden auch, die in den Niederlanden Zuflucht gefunden hatten.
Für sie alle änderte sich aber die Situation am 10. Mai 1940 dramatisch, als die deutsche Wehrmacht die Niederlande besetzte. Alle hier lebenden Juden unterstanden fortan den deut-schen Besatzungsbehörden, die zielstrebig die Judenpolitik des Deutschen Reiches auch in den Niederlanden betrieben. Das Exil erwies sich nun als Falle. Planvoll wurden die Deportationen vorbereitet, für die das Durchgangslager Westerbork eine zentrale Rolle spielte. Mitte 1942 begannen die Deportationen von Westerbork aus, die meisten Züge fuhren nach Auschwitz.
Ludwig Stern, der am 24.09.1903 im engen und kleinen Haus Niedergasse Nr. 7 als fünftes Kind des Futtermittelhändlers Alexander Stern und seiner Ehefrau Mathilde geboren worden war, emigrierte bereits im Oktober 1933 in die Niederlande und ließ sich in Amsterdam nieder, auch seine Schwester Sophie emigrierte in die Niederlande. 1934 heiratete Ludwig Stern die Niederländerin Jansje Vorst und eröffnete mit ihr in Amsterdam ein Tabakgeschäft.
Schon 1940 begannen die deutschen Besatzungsbehörden mit dem Aufbau des Durchgangs-lagers Westerbork, den sie in den nachfolgenden Monaten zügig vorantrieben. Am 15. Juli 1942 verließ der erste Deportationszug Westerbork in Richtung Auschwitz, unter den 1135 Deportierten befanden sich auch Ludwig Stern und seine Ehefrau Jansje.
Über das Schicksal der Eheleute Stern ist Folgendes bekannt: Als Todesdatum von Jansje Stern gilt der 30. September 1942, als Todesdatum von Ludwig Stern ist der 26. August 1942 über-liefert. In den Dokumenten des Internationalen Suchdienstes in Bad Arolsen findet sich sogar eine Sterbeurkunde für Ludwig Stern, die vom Standesamt des Konzentrationslagers Auschwitz ausgefertigt wurde. Die Einrichtung und die Tätigkeit des lagereigenen Standesamts dienten der Verschleierung der Verbrechen und sollten nach außen den Anschein gesetzeskonformer Abläufe vermitteln. Das Standesamt sollte mit dem Konzentrationslager nicht in Verbindung gebracht werden, dies lässt sich auch an den Vermerken auf dem Stern-Dokument nachwei-sen. So ist Stern nicht als Häftling eines Konzentrationslagers ausgewiesen, sondern seine Anschrift lautet: Auschwitz, Kasernenstraße. Die schriftliche Anzeige seines Todes erfolgte durch einen Arzt (?) namens Meyer, als Todesursache ist „Herzmuskelinsuffizienz“
eingetragen. Es findet sich sogar die genaue Adresse der nach Palästina ausgewanderten Mutter Mathilde Stern.
Neben Ludwig Stern wurden auch Sophie Stern, Else Cahn und Selma Jessel Opfer der Juden-vernichtung, auch sie wurden über Westerbork in die Vernichtungslager des Ostens deportiert: Sophie Stern und Selma Jessel (1943) nach Auschwitz und Else Cahn (1943) nach Sobibor.
Selma Jessel (auch der Familie Jessel ist eine Gedenktafel gewidmet)
Sophie Stern
Jansje Stern-Vorst