Familie Albert Schwarz
Im September 1910 zog der Metzgermeister Albert Schwarz, geb. 1883, mit seiner Frau Sarah geb. Lindheimer und dem Sohn Ferdinand Kurt von Heckholzhausen nach Weilburg. Schwarz entstammte einer alteingesessenen Heckholzhäuser Familie und hatte bereits in Heckholz-hausen eine Metzgerei und ein Kolonialwarengeschäft betrieben, für die Heckholzhäuser Juden hatte er außerdem koscher geschlachtet. Genauso wie sein Vater Ferdinand.
Noch im gleichen Monat eröffnete er im Haus Niedergasse 11 eine Verkaufsstelle für Fleisch-waren. Das Vieh schlachtete er bei einem Metzger in Löhnberg, was wohl mit erheblichen Belastungen für den Alltag des Geschäftsbetriebs verbunden war.

Schon wenige Wochen nach Geschäftseröffnung beanstandete die Polizei die Beschaffenheit des Verkaufsraums: Der sei zu niedrig, der Fußboden sei teilweise gedielt, und die Wände müssten abwaschbar sein. Schwarz nahm die geforderten baulichen Veränderungen am Verkaufsraum vor, hinsichtlich der Zimmerhöhe wurde ihm allerdings ein „Dispens“ zugestanden.
Vor diesem Hintergrund hat Schwarz wohl schon bald über eine Verlagerung seines Betriebes nachgedacht. Bereits im Januar 1913 fragte er beim Weilburger Magistrat an, ob er Aussicht habe, die Genehmigung zum Bau eines Schlachthauses und einer Wurstküche im Haus Niedergasse 5 zu erhalten. Die Antwort der Stadt Weilburg war positiv, und im Mai 1914 erteilte der königliche Landrat die Genehmigung zum Bau eines Schlachthauses, die mit sehr detaillierten Auflagen und Bedingungen verbunden war. Bereits im Juni 1914 beantragte Schwarz die Abnahme des Rohbaus, und wenige Wochen später dürfte der gesamte Geschäftsbetrieb in die Niedergasse 5 umgezogen sein.

Die Ehefrau Sarah war zu dieser Zeit schwanger, und am 14. Juli 1914, nachmittags um 14.15 Uhr, wurde Sohn Ludwig Max geboren. Es war eine Hausgeburt, wie damals üblich. Aber in welchem Haus fand die Geburt statt? Niedergasse 5 oder Niedergasse 11? Darüber gibt das Standesamtsregister keine Auskunft. Dies war für die Familie Schwarz aber nicht die erste Geburt in Weilburg: 1913 wurde Tochter Bertha geboren, 1915 folgte Sohn Walter. Zwei weitere Kinder starben schon früh nach der Geburt.
1926 gab Albert Schwarz aus unbekannten Gründen die Metzgerei in der Niedergasse auf und zog mit seiner Familie nach Frankfurt/Main. Hier verstarb er im Jahr 1933 und wurde auf dem jüdischen Friedhof Frankfurt beerdigt.
1936 verließ Ludwig als 22-Jähriger Deutschland. Obwohl bekannt war, dass Südafrika keine Flüchtlinge aus Deutschland aufnahm, versuchte er sein Glück in Südafrika. Während viele Personen aus Deutschland abgewiesen wurden, gelangte er nach Südafrika (Johannesburg), wie auch immer. Er fand zunächst Arbeit in einer Bäckerei. Als er etwas Geld gespart hatte, ließ er seine Mutter Sarah und seine Brüder Kurt und Walter nachkommen. Seine Schwester Bertha wanderte von Frankfurt nach Neuseeland aus.
Später eröffnete er mit einem Partner aus Deutschland in Johannesburg ein Herren-modegeschäft und wurde in dieser Branche ein erfolgreicher Geschäftsmann. Im August 1946 heiratete er die ebenfalls aus Deutschland emigrierte Ilse Goldschmidt, dem Ehepaar wurden zwei Töchter geboren, Susan und Anne.
In den ersten Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs herrschte weitgehend „Funkstille“ zwischen Weilburg und den emigrierten Juden, und die wenigen Kontakte vollzogen sich ausschließlich auf dem Postweg. Zu ersten Besuchen von Emigranten kam es erst in den fünfziger Jahren. Wie sich erst vor einigen Wochen herausstellte, waren vermutlich die Eheleute Ludwig und Ilse Schwarz die ersten Emigranten, die Weilburg nach dem Krieg besuchten. Im Jahr 1950 unternahmen die Eheleute Schwarz eine zwei- bis dreimonatige Europareise, in deren Verlauf sie auch Weilburg einen Besuch abstatteten. Ihre zweijährige Tochter Susan ließen sie in der Obhut der Großeltern Goldschmidt in Südafrika zurück.
In Weilburg traf Ludwig mit seinem früheren Kindermädchen „Ernstinchen“ zusammen. Diese war von seinem Besuch so überrascht, dass sie „fast einen Anfall bekommen hätte“, wie Ludwig in einem Brief berichtete. Welchen richtigen Namen „Ernstinchen“ trug, ist dem Brief aber nicht zu entnehmen.
1959 reiste Ludwig Schwarz mit seiner Familie – Ehefrau Ilse und die beiden Töchter Susan und Anne – wieder nach Europa. Auch Weilburg stand wieder auf dem Besuchsprogramm. Bei dem Besuch in Weilburg war Ludwig „sehr aufgeregt“, vermerkte die Ehefrau Ilse in ihrem Tagebuch. Doch der Besuch verlief offensichtlich harmonisch und weckte bei Ludwig Erinnerungen an seine Kindheit. Er traf mit einem Mitschüler aus den zwanziger Jahren zusammen, dem Hotelier Willi Görtz (Hotel „Traube“), ebenfalls 1914 in Weilburg geboren. Der Besuch im Jahr 1959 war für Ludwig Schwarz ein letztes Wiedersehen mit seiner Geburtsstadt Weilburg. 1977 verstarb er in seiner neuen Heimat Südafrika und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Johannesburg beerdigt. (Seine Ehefrau Ilse und seine Tochter Susan besuchten Weilburg noch einmal im Jahr 1994 und fotografierten das Haus Niedergasse 5, in dem sich damals die Gaststätte „Brückenschänke“ befand.)
Die Tochter Anne wanderte 1990 mit ihrem Ehemann Theo Kossowsky und den beiden Kindern David und Lauren von Südafrika nach Kanada (Toronto) aus. Auch Annes Schwester Susan verließ mit ihrer Familie Südafrika und lebt heute (2024) in den USA (Florida).
Kontakte mit Nachfahren jüdischer Weilburger
Anne Kossowsky und Susan Traub
1926 gab Albert Schwarz aus unbekannten Gründen die Metzgerei in der Niedergasse auf und zog mit seiner Familie nach Frankfurt/Main. Hier verstarb er im Jahr 1933 und wurde auf dem jüdischen Friedhof Frankfurt beerdigt.
1936 verließ Ludwig als 22-Jähriger Deutschland. Obwohl bekannt war, dass Südafrika keine Flüchtlinge aus Deutschland aufnahm, versuchte er sein Glück in Südafrika. Während viele Personen aus Deutschland abgewiesen wurden, gelangte er nach Südafrika (Johannesburg), wie auch immer. Er fand zunächst Arbeit in einer Bäckerei. Als er etwas Geld gespart hatte, ließ er seine Mutter Sarah und seine Brüder Kurt und Walter nachkommen. Seine Schwester Bertha wanderte von Frankfurt nach Neuseeland aus.
Später eröffnete er mit einem Partner aus Deutschland in Johannesburg ein Herren-modegeschäft und wurde in dieser Branche ein erfolgreicher Geschäftsmann. Im August 1946 heiratete er die ebenfalls aus Deutschland emigrierte Ilse Goldschmidt, dem Ehepaar wurden zwei Töchter geboren, Susan und Anne.
In den ersten Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs herrschte weitgehend „Funkstille“ zwischen Weilburg und den emigrierten Juden, und die wenigen Kontakte vollzogen sich ausschließlich auf dem Postweg. Zu ersten Besuchen von Emigranten kam es erst in den fünfziger Jahren. Wie sich erst vor einigen Wochen herausstellte, waren vermutlich die Eheleute Ludwig und Ilse Schwarz die ersten Emigranten, die Weilburg nach dem Krieg besuchten. Im Jahr 1950 unternahmen die Eheleute Schwarz eine zwei- bis dreimonatige Europareise, in deren Verlauf sie auch Weilburg einen Besuch abstatteten. Ihre zweijährige Tochter Susan ließen sie in der Obhut der Großeltern Goldschmidt in Südafrika zurück.
In Weilburg traf Ludwig mit seinem früheren Kindermädchen „Ernstinchen“ zusammen. Diese war von seinem Besuch so überrascht, dass sie „fast einen Anfall bekommen hätte“, wie Ludwig in einem Brief berichtete. Welchen richtigen Namen „Ernstinchen“ trug, ist dem Brief aber nicht zu entnehmen.
1959 reiste Ludwig Schwarz mit seiner Familie – Ehefrau Ilse und die beiden Töchter Susan und Anne – wieder nach Europa. Auch Weilburg stand wieder auf dem Besuchsprogramm. Bei dem Besuch in Weilburg war Ludwig „sehr aufgeregt“, vermerkte die Ehefrau Ilse in ihrem Tagebuch. Doch der Besuch verlief offensichtlich harmonisch und weckte bei Ludwig Erinnerungen an seine Kindheit. Er traf mit einem Mitschüler aus den zwanziger Jahren zusammen, dem Hotelier Willi Görtz (Hotel „Traube“), ebenfalls 1914 in Weilburg geboren. Der Besuch im Jahr 1959 war für Ludwig Schwarz ein letztes Wiedersehen mit seiner Geburtsstadt Weilburg. 1977 verstarb er in seiner neuen Heimat Südafrika und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Johannesburg beerdigt. (Seine Ehefrau Ilse und seine Tochter Susan besuchten Weilburg noch einmal im Jahr 1994 und fotografierten das Haus Niedergasse 5, in dem sich damals die Gaststätte „Brückenschänke“ befand.)
Die Tochter Anne wanderte 1990 mit ihrem Ehemann Theo Kossowsky und den beiden Kindern David und Lauren von Südafrika nach Kanada (Toronto) aus. Auch Annes Schwester Susan verließ mit ihrer Familie Südafrika und lebt heute (2024) in den USA (Florida).






